Milchreis, Baby! | ANDERSWOLF

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Milchreis, Baby!

Trophisches
Februar 2, 2011

Allein schon für meinen Milchkonsum hat sich der evolutionäre Aufwand gelohnt, auch Erwachsenen noch den Konsum von Milch zu ermöglichen. Tatsächlich gab es zwar eine Phase in meinem Leben, da ich dachte, laktoseintolerant zu sein. Nach einer kurzen Berechnung beendete ich diese Phase allerdings nach etwa fünf Minuten wieder: was ich am Tag an Frischmilch und Käse verzehre, rechtfertigt schon fast die Anschaffung einer mittelstark leistungsfähigen Milchkuh*. Joghurt dagegen… Sagen wir, ich anerkenne seine Berechtigung als Lebensmittel und Zutat zu irgendwas. Mir fällt da grade nichts ein, so lange habe ich nichts mehr mit Joghurt gemacht.

Heute also: Milchreis.

Milchreis ist ein schwieriges Thema. „Kann nicht sein“, wird da hinten gerufen. Und doch ist es so. Viele Menschen (und da geht es ja schon los), mögen Milchreis nicht. Zu breiig, sagen sie, oder aber meistens nicht durch. Wobei beides meistens eher nicht gesagt wird, denn überwiegend werden ja Fertigmilchreisprodukte gekauft. Irritierenderweise auch im Biomarkt. Kunden, denen man dann erklärt, dass Milchreis ganz einfach ist, reagieren dann ganz unwirsch und sagen: „Ich habe dafür keine Zeit, ich bin eine berufstätige Frau**.“
Fertigmilchreis besticht durch seine üppige Cremigkeit und das fast vollständige Fehlen von Körnigkeit. Fertigmilchreis ist eigentlich nur grisseliger weißer Schleim, der seine Konsistenz in der Regel nicht Sahne verdankt, sondern modifizierter Stärke, die ist nämlich billiger. Außerdem kann man durch die Zugabe modifizierter Stärke auch den Reis ersetzen, den ja eh keiner im Fertigmilchreis vermisst. Schlägt man den Kunden, die Fertigmilchreis kaufen, vor, sie könnten ja, wenn sie die Konsistenz von Fertigmilchreis so liebten, ja auch gleich Haferschleim kochen, verziehen sie das Gesicht und sagen: „Ih.“ Und das nicht, weil sie den Hafer nicht mögen, sondern das Wort ‚Schleim‘ abstoßend finden.

Richtiger Milchreis dagegen beinhaltet keine modifizierte Stärke, sondern Milch und Milchreis und evtl. noch Zucker und Vanille. Für die Eiligen darf es dann noch Sahne sein, für die mit mehr Zeit braucht es das nicht, die nehmen mehr Milch.
Und so einfach gehts:

  1. Einen Liter Milch aufkochen.
  2. Ein halbes Pfund Milchreis dazugeben, die Hitze stark reduzieren.
  3. Eine halbe Stunde immer wieder mal rühren, dann alle fünf Minuten probieren, ob der Reis schon weich genug ist.
  4. Wenn der Reis die gewünschte Konsistenz hat, nach Belieben süßen und/oder aromatisieren.
  5. Wer eilig ist, zieht angeschlagene Sahne unter und hat wahrscheinlich noch kernige Körner.
    Wer Zeit hat, nimmt von Anfang an das Eineinhalbfache oder Doppelte der Milch und wartet, bis alles aufgesogen ist.

Jetzt kommen wir zu den berufstätigen Frauen, die Kochen mit Zeitverschwendung gleichsetzen, sonst hätten sie das nicht so wegpriorisiert. Die schalten nach Punkt zwei den Herd aus und den Ofen an und den Topf zugedeckt hinein. Aufheizen auf 120 °C, dann ausschalten und weggehen. Der Reis hat es schön warm und zieht gemütlich nach, bis man ihn dann nach Stunden rausnehmen mag. Dann macht man bei Punkt vier weiter.

Und wer immer noch jammert, weil er ja keinen Herd anmachen mag nur für den Milchreis, der kann auch den Oma-Trick nehmen und den Topf leicht abkühlen lassen und ins Bett bringen. Gesungen muss da nicht werden, nur zugedeckt werden muss er. Da ruht er dann fast so schön wie im Ofen. Man sollte ihn nur vor dem Schlafengehen rausnehmen.

Und jetzt noch zwei Dinge, die geklärt werden müssen.

  1. Ich bin ja im Photographieren nicht so der Heinz, bin aber lernfähig. So habe ich beispielsweise heute gelernt, dass einfach nur so weggeknipster Milchreis aussieht wie Zerebralvomitat. Das ist schlau für ‚erbrochenes Gehirn‘ und unschlau, wenn man eigentlich ein hübsches Bildchen machen wollte. Die Kombination aus Apfelmus, Zimt und Zucker, meine eigentliche Lieblingsaromatisierung von Milchreis, macht das nicht wesentlich besser. Darum also auf dem Bild: Milchreis mit Moro-Orangen-Filets.
  2. Milchreis, den man im Dampfgarer zubereiten will, erfordert wirklich viel Geduld. Am besten lässt man das. Es gibt genügend andere schöne Methoden, wie man Milchreis machen kann.
    Wenn man partout auf den Dampfgarer nicht verzichten kann, weil man ihn sich ja jetzt nun mal angeschafft hat und er sich gefälligst amortisieren soll, dann sollte man den Milchreis nicht in einer Schüssel bedampfen, die gerade mal groß genug ist, um Milch und Reis aufzunehmen. Will man nämlich mal im Verlauf der folgenden drei Stunden kurz durchrühren, um zu sehen, warum da nix passiert, schlabbert man ganz gerne die angeschleimte Milch in den Ofen und hat eine wunderbare Beschäftigung für nachher, wenn der Milchreis dann irgendwann mal fertig ist.

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* Ausgehend natürlich von der ursprünglichen Milchleistung von 8 kg Milch, die eine Normalkuh gäbe, und nicht die bis zu 50 kg, die heutige Hochleistungskühe geben können. So viel Milch will ich dann doch nicht.

** Nichts gegen weibliche Berufstätigkeit, aber noch nie habe ich einen Mann sagen hören, dass er keinen Milchreis kochen kann, weil er berufstätig sei.

Anders

Semiliterarisches Lebenslogbuch von
Anders Wolf, ab und an
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