One for the road | 48363 | ANDERSWOLF

ANDERSWOLF

Alles außer Ahnung

[cries in Gen-X]

One for the road | 48363

Textualitäten
Dezember 1, 2010

Ich habe bis zuletzt gekämpft. Am Ende fehlten mir wahrscheinlich eineinhalb Stunden. Ich habe meinen Word Count von 48363 Worten noch verifiziert, dann den Ablauf der letzten Minute vor Mitternacht betrachtet und mich danach gefragt: Warum habe ich nicht an jedem Tag dieses Jahres so viel geschrieben wie heute?

Ich kann nicht mehr bequem sitzen, ich habe ein vollkommen ausgeleiertes Gehirn, allein die letzte Stunde vor Mitternacht hat sich angefühlt wie Waten in zähem Morast. Und doch habe ich allein heute 9272 Worte geschrieben. Ich hätte noch am Anfang des NaNoWriMos nicht gedacht, dass ich es wirklich schaffen könnte, in die Nähe der 50000 zu gelangen, und noch am Ende der ersten Woche lag ich in meinem Gesamtpensum um einen Tag zurück. Schon da hatte ich schon mehr Worte pro Tag geschrieben als jemals zuvor. Seither habe ich mich immer wieder selbst enttäuscht und überrascht.

An sechs Tagen habe ich überhaupt nicht geschrieben, und an zwölf Tagen mehr als ich gemusst hätte. Auch wenn die Geschichte mitunter einen Hänger hatte, und ich auch mitunter nicht wusste, wie ich weitermachen sollte, habe ich doch nicht aufgegeben. Ich habe zwar das Ziel um 1664 Worte verpasst und damit also die Arbeit eines Tages noch vor mir, aber ich habe trotzdem nicht verloren bei meinem ersten NaNoWriMo. Ich weiß, dass ich mich selbst durch schwierige Phasen manövrieren kann, dass ich selbst Hänger ausgleichen kann, indem ich einfach an einen späteren Zeitpunkt der Geschichte springe. Ich habe am Ende sogar den entnervten Zensor besiegt, der mich beim Schreiben immer wieder gefragt hat: schreibt man das wirklich so? willst du das nicht noch einmal korrigieren? Willst du nicht wenigstens die Tippfehler beseitigen?
Und nein, ich habe dazu einfach keine Lust mehr, wenn ich einen Entwurf schreibe. Ich will nicht vier Worte zurückspringen, wenn es mich eigentlich nach vorne drängt. Ich will nicht darauf warten, dass der blöde Zensor seinen wortästhetischen Orgasmus bekommt, bevor ich in der Geschichte weitergehen kann.

Ich habe nicht gewonnen, wenn es nur um den Gesamtwordcount geht. Aber ich habe an so viel Erfahrung gewonnen, dass ich es kaum glauben kann, dass ich das nicht vorher schon mal gemacht habe. Natürlich bin ich jetzt aber auch ganz schön fertig und meine Geschichte wird genau am Ende ziemlich überarbeitet werden müssen, weil da viel Füllsel drin ist, das da nix zu suchen hat. Ich habe aber gleichzeitig in nur 30 (um genau zu sein 24) Tagen 83 Seiten unformatierten Text geschrieben, der sogar noch Potential hat (meiner Meinung nach). Ich habe damit etwas für mich unglaubliches geleistet und ich bin relativ sicher, dass ich darauf aufbauen kann.

Ich weiß, dass ich mir geschworen hatte, sollte ich die 50000 nicht erreichen, dann würde ich für immer aufhören, Romane schreiben zu wollen. Jetzt aber, da ich so weit gekommen bin, dass gerade einmal ein weiterer Tag nötig ist, um mein Ziel zu erreichen, lässt mich nachdenken darüber, was ich tatsächlich will.

Jetzt allerdings will ich vor allem schlafen. Ich bin so fertig.

Anders

Semiliterarisches Lebenslogbuch von
Anders Wolf, ab und an
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