Schokopudding | ANDERSWOLF

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Schokopudding

Trophisches
Februar 18, 2011

Wenn man lieber isst als fotografiert, hat man mitunter ein Problem. Vor allem dann, wenn es sich um Schokopudding* handelt. Ich liebe Schokopudding, ich liebe ja auch Kakao, denn beide bestehen aus tollen Dingen: Milch und Schokolade. Wie könnte man da lange genug Verzicht üben, um drölftausend Fotos zu machen? Eben.

Wie aber sollte man auch warmer Schokolade widerstehen? Wie kann man nicht dem tröstlichen Gefühl von etwas Warmem im Magen, wie kann man nicht den Schoko-Endorphinen erliegen? Warum muss man denn unbedingt stark sein, wenn einem Schokopudding doch sagt: „Lass Dich fallen, entspann Dich, sinke in mich wie in ein wubbeliges Kissen. Ich massiere Dir die Knoten aus der Seele, wenn Du Dir am liebsten die Augen aus dem Kopf heulen würdest. Ich bin für Dich da wie eine warme Umarmung.“ **

Tatsächlich wurden mit Schokopudding schon Seelen gerettet. Dazu muss es aber der selbstgemachte sein, nicht der aus dem Tütchen***. Das enthält zwar im besten Fall auch nichts anderes als Speisestärke, Kakao und Zucker (im schlimmeren Fall noch modifizierte Stärke, Emulgatoren, Aromen und Farbstoffe, und was im schlimmsten Tütchen drin ist, will keiner wirklich wissen). Wenn aber die traurige Freundin vor der Tür sitzt und durch nichts anderes zu trösten ist als eine liebevolle Umarmung und Schokoladenpudding, dann will man nicht sagen: „Ich habe kein Pulvertütchen im Haus, geh weg.“ Das kann man nur machen, wenn die entsprechende Freundin gerne gekokst hätte und man da nicht drauf steht.

Bei Schokopudding aber gelten solche und andere Ausreden nicht. Auch und erst recht nicht die beliebte „Ich habe keine Zeit“-Ausrede. Denn nur weil es abgepackt ist, stellt das Produkt keine Geld- oder Zeitersparnis dar, man produziert eine in Relation zum Nutzen ungeheure Menge Müll, verschenkt die wunderbare Möglichkeit, den Pudding nach seinem eigenen Geschmack abzuschmecken und macht sich in einer emotionalen Angelegenheit abhängig von einer Firma, für die Liebe nichts wert ist, weil man sie nicht in Tütchen packen kann.

Bei Schokopudding gilt aber wie in der Liebe: mach’s einfach.
Für 2 Personen einen halben Liter beste Milch zum Kochen bringen. Zwei Esslöffel Speisestärke, eineinhalb Esslöffel Kakao und einen Esslöffel Zucker mit einem Schwupp zurückbehaltener Milch aufrühren. Wenn die Milch kocht, den Topf vom Feuer nehmen und die Kakao-Pampe mit dem Schneebesen einrühren. Zurück auf den Herd, immer noch weiterrühren. Die Speisestärke fängt sofort an zu quellen, die Viskosität des Puddings nimmt zu. Herd aus. Umfüllen in schöne Schälchen oder gleich aus dem Topf essen.

Wenn man den Pudding abkühlen lässt, bildet sich schnell eine Haut, die viele Menschen (warum auch immer) nicht mögen. Will man Hautbildung vermeiden, kann man Frischhaltefolie direkt auf die Puddingoberfläche geben und erst kurz vor dem Servieren abnehmen. Oder man bestreut die Oberfläche des Puddings mit Zucker, der dann Feuchtigkeit aus der Luft und dem Pudding zieht und dann eine dünne Flüssigkeitsschicht als Luftabschluss bildet. Oder man schlägt noch Sahne mit etwas Zucker und Vanille cremig und baut einen hübschen Berg, den man dann sogar noch wieder mit Schokoraspeln verzieren kann.

Boah. Da hätte ich jetzt richtig Lust drauf. Ich glaube, das mache ich jetzt mal.

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* Der kleine Pedant in meinem Kopf nörgelt rum, dass ich eigentlich keinen Pudding, sondern Flammeri meine. Damit hat er recht, da ich mir nicht die Mühe mit dem Wasserbad mache. Grundsätzlich aber sollte der Pedant aber den Mund halten, sonst bekommt er keinen Pudding mehr. Von Flammeri ganz zu schweigen.

** Vorsicht: Wenn der Pudding wirklich anfängt zu sprechen, war entweder die Milch nicht mehr gut oder man sollte mal zum Kopfdoktor.

*** Ich weiß, dass es auch Pudding im Becher gibt. Wer den aber kauft, um sich zu trösten, könnte sein Herz auch gleich ins Kühlregal legen.

Anders

Semiliterarisches Lebenslogbuch von
Anders Wolf, ab und an
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