30 | Der Kampf beginnt | ANDERSWOLF

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Alles außer Ahnung

[cries in Gen-X]

30 | Der Kampf beginnt

Yelda
November 29, 2010
Erst viel später lernte ich das Konzept von Liebe kennen und noch viel später in meinem Leben erfuhr ich am eigenen Leib, was Liebe mit einem Menschen machen kann, wie viel Kraft und Freude eine erfüllte Liebe gibt, wie viel Hass und Wut einen Menschen erfüllen können, dessen Liebe unerwidert bleibt. Mittlerweile habe ich verstanden, dass es diese unerfüllte Liebe war, die Remde in den Untergang trieb. Er liebte mich seit dem ersten Moment, als er mich im Wald gefunden hatte, ich aber, die ich kaum das Konzept des Lebens begriffen hatte, konnte mit den gesellschaftlichen Eigenheiten der Menschen, deren erster Vertreter für mich Remde war, noch weniger anfangen. Remdes Liebe konnte in mir keinen Widerhall finden, doch er konnte das nicht verstehen und so wandelte sich seine Liebe zu Begehren und verzehrender Lust, die, als ich ihn schwerverletzt in seinem dem Untergang geweihten Dorf zurückließ, zu einem Dorn wurde, der nach und nach seine Seele vergiftete.

Remde hatte keine andere Möglichkeit, als für Rubin, Saphir und Korund zu morden, denn sie versprachen ihnen im Gegenzug dafür Macht, die meiner ebenbürtig sei. Er versprach sich dadurch, mich für sich zu gewinnen, und verstand doch nicht, dass ich nicht bereit für romantische Gefühle sein konnte. Dass ich ihn, der so viel getan hatte, um mir näher zu kommen, der solche Opfer gebracht hatte, dass ich ihn also noch mehr dafür ablehnte, was er getan hatte, als damals, als er keine Macht hatte, trug vielleicht mehr zu seinem Untergang bei als alle erdenklichen Zauber das vermocht hätten.

Remdes Attacken abzuwehren wäre nicht schwer gewesen, wenn wir uns nicht inmitten einer belebten Stadt befunden hätten. So aber musste ich mich vor allem darauf konzentrieren, dass seine abprallenden Zauber keine Unbeteiligten treffen würden. Den Großteil der Energie leitete ich in den Boden ab, doch der eine oder andere Zauber riss klaffende Löcher in die Mauer hinter mir. Bald standen wir alleine in der Straße, wo Remde mich gefunden hatte, da selbst magieunkundige Menschen mitbekamen, wenn etwas geschieht, das ihnen Schaden zufügen kann.
Durch seine Angriffe erkannte ich viel besser, dass es nicht seine Macht war, die er verwendete. Jedem seiner Zauber haftete eine Spur der jenseitigen Welt an, die sich als blasser Schatten um ihn bildete, und ich konnte die Grenze zwischen dieser und jener Welt vibrieren spüren mit jedem Schlag, den Remde auf mich abgab. Meine größte Sorge bestand darin, Remde könnte womöglich aus Versehen die Grenzen ganz durchbrechen und den Schatten, den so viele in meiner Folge erwartet hatten, selbst hervorrufen.

Damals wie heute bin ich nicht sicher, ob meine Vision des Dunkels, das Remde verschlang, doch noch in Erfüllung gegangen ist. Ich versuche meine Zweifel oft damit zu beruhigen, dass nicht ich es war, die ihm seine Entscheidungen aufzwang, doch letztlich brachte ich durch mein Auftauchen im Wald bei Remdes Dorf ihn erst in Berührung mit der Magie, die auf ihn wirkte wie eine Droge, die er sich selbst nicht beschaffen konnte. Remde war süchtig nach der Erfahrung der Magie, und als er erst einmal damit Kontakt hatte, als er sie durch sich durchfließen spürte, vor allem aber all seine Ängste und Zweifel durch eine Demonstration seiner neuen Fähigkeiten, deren Grenze und Kosten er noch nicht erahnen konnte, beiseite wischen konnte, hätte er nicht mehr davon lassen können. In Remde hatten die Drei ein perfektes Opfer gefunden, das sich ihnen willig auslieferte, weil es nicht ermessen konnte, was der scheinbare Gewinn tatsächlich für ein Verlust war.

„Remde, hör auf!“ rief ich, doch glaubte ich nicht, dass er sich so leicht geschlagen geben würde. „Du kannst nicht gegen mich gewinnen.“
In dem Moment, als ich es aussprach, wurde mir bewusst, welch missliche Worte ich ausgesprochen hatte. Doch wie man einen entflogenen Vogel nicht allein durch Wünsche in einen Käfig bringen kann, ließen sich auch diese Worte nicht ungesagt machen.
„Wie hochmütig Du bist“, rief Remde, doch seine Stimme klang schon gepresst, als bemerke er erst jetzt langsam die Anstrengung, die ein andauernder Angriff erforderte. Ich hatte diese Erfahrung im Kampf mit den Dreien gemacht, und damals war ich der Kraft näher als es Remde jemals sein konnte.
„Ich will nur Dein bestes.“
„Wie auf Mandus Insel, als Dein Feuer mich versengte?“
„Remde, versteh doch, Du kannst nicht meine eigene Kraft gegen mich wenden. Nicht hier, nicht jetzt, nicht so!“
„Was weißt Du schon?“
„Ich weiß mehr als Du, ich kenne die wahre Form der Drei, ihr wahres Gesicht und all ihre Niedertracht. Remde, Du weißt nicht, mit wem Du es zu tun hast, und vor allem kannst Du nicht erahnen, welchen Preis Du zahlen wirst.“
„Ich kenne den Preis. Und diesmal ist er geringer als bei Mandu.“
„Also wirst Du mich nciht töten?“
„Ich habe Mandu nicht getötet.“
„Also hat sie Dir ihre Kraft aus eigenem Antrieb überlassen?“
„Woher willst Du wissen dass es ihre Kraft ist?“
„Ich kenne Mandu, ich erkenne ihre Kraft wie ich auch ihre Stimme ode ihren Gang erkennen würde. Daher weiß ich auch, das Mandu Angst hatte, dass sie um das fürchtete, was sie zu schützen bereit gewesen war, als sie ihre Existenz in jener Welt gegen ein Leben in der Wirklichkeit eintauschte. Mandu hätte das Sanktuarium ihres Baumes niemals freiwillig jenen geöffnet, die sie fürchtete. Du allerdings musstest sie vernichten, um an die Quelle ihrer Macht zu gelangen.“
„Ich habe sie nicht …“
„Alle Deine Zauber tragen ihre Handschrift. Es ist, als ob Du ihr Agent wärat, da alle Macht, die Du in Dir zu tragen glaubst, Teil der Welt ist, die sie schaffen wollte. Sp wenig ich auch über Zuaber wissen  mag, ich bin nicht blind, auch wenn Du es mitunter wahrscheinlcih so empfinden magst. Nur weil ich Dich nciht gesehen habe, wie Du es wolltest …“
Meine Worte gingen in einem Hagel aus Zaubern unter, die Remde auf mich schleuderte. Ich musste aufhören zu sprechen, da mich sonst meine Konzentration verlassen hätte. Und ich wusste, dass Remde nicht lange zögern würde, fände er die richtige Gelegenheit. Er würde jetzt, da ich ihn gedemütigt hatte, nicht mehr zurückweichen. Der Kampf begann.

Anders

Semiliterarisches Lebenslogbuch von
Anders Wolf, ab und an
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